Leben mit Morbus Fabry

Morbus Fabry ist eine chronische und fortschreitende Erkrankung, die eine lebenslange Behandlung erfordert und mit körperlichen Einschränkungen verbunden sein kann. Nach der Diagnose beschäftigen sich die Betroffenen nicht nur mit Fragen rund um ihre medizinische Versorgung, sondern auch damit, wie ihr Alltag gemeistert werden kann. Unter Umständen kommen zusätzlich finanzielle Sorgen hinzu. Da ist es gut zu wissen, dass es verschiedene sozialrechtliche Formen der Unterstützung gibt.

Wissenswertes zum Schwerbehindertenausweis

Auch Menschen mit chronischen Erkrankungen können einen Schwerbehindertenausweis beantragen und von den damit verbundenen, sogenannten Nachteilsausgleichen profitieren. Dabei handelt es sich um unterschiedliche Maßnahmen, die eine Benachteiligung von Menschen mit Behinderung kompensieren sollen. Beispielsweise können Steuererleichterungen, Zusatzurlaub, eine frühere Altersrente und ein erweiterter Kündigungsschutz mit dem Besitz eines Schwerbehindertenausweises verbunden sein. Welche Nachteilsausgleiche in Anspruch genommen werden können, hängt von dem Grad der Behinderung (GdB), von der Art der Behinderung und weiteren gesundheitlichen Einschränkungen ab.1,2

Um einen Schwerbehindertenausweis erhalten zu können, muss ein Antrag auf Feststellung des GdB beim zuständigen Versorgungsamt gestellt werden. Der GdB wird auf einer Skala von 20 bis 100 in Zehnerschritten bemessen und stellt die Grundlage des Bewilligungsverfahrens dar. Voraussetzung für einen Schwerbehindertenausweis ist ein GdB von mindestens 50. Die Festlegung des GdB erfolgt auf Basis der eingereichten medizinischen Unterlagen sowie eines ärztlichen Gutachtens, eine erneute körperliche Untersuchung ist in der Regel nicht erforderlich. Die Bearbeitungszeit des Antrags beträgt im Durchschnitt drei bis vier Monate. Üblicherweise wird der Schwerbehindertenausweis mit einer Gültigkeitsdauer von maximal fünf Jahren ausgestellt und muss anschließend verlängert werden.1,2

 

Finanzielle Absicherung durch Erwerbsminderungsrente

Falls es für Patient*innen mit Morbus Fabry vor Beginn der regulären Altersrente aufgrund der Erkrankung nicht mehr möglich ist, einen Beruf auszuüben, sorgt die Erwerbsminderungsrente für eine finanzielle Absicherung. Die Erwerbsfähigkeit bezieht sich dabei nicht auf den erlernten oder ausgeübten Beruf, sondern auf irgendeine Arbeit. Voraussetzung für den Erhalt der Erwerbsminderungsrente ist, dass für mindestens fünf Jahre vor Eintritt der Erwerbsminderung eine Versicherung in der Deutschen Rentenversicherung bestand und über mindestens drei Jahre innerhalb der zurückliegenden fünf Jahre Pflichtbeiträge an die Rentenversicherung gezahlt wurden. Der Antrag auf Erwerbsminderungsrente wird bei der Deutschen Rentenversicherung gestellt. Dort wird der Anspruch anhand der eingereichten ärztlichen Unterlagen und ggf. weiterer Gutachten geprüft. Dabei wird auch berücksichtigt, ob mithilfe einer medizinischen Rehabilitation oder einer beruflichen Rehabilitation die Ausübung einer beruflichen Tätigkeit verbessert bzw. ermöglicht werden kann. Ist dies nicht der Fall, so erhalten Betroffene eine volle Erwerbsminderungsrente, wenn sie weniger als drei Stunden pro Tag arbeiten können. Die Höhe dieser Rente ist abhängig von den individuell erworbenen Rentenansprüchen, also der Dauer und der Höhe der zuvor eingezahlten Rentenbeiträge. Ist eine Arbeitszeit von drei bis sechs Stunden pro Tag möglich, wird das Einkommen durch eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung ergänzt.3

 

Kosten für Hilfsmittel und Medikamente

Manchmal benötigen Patient*innen technische oder andere Hilfsmittel, wie Hörgeräte oder Inhalationsgeräte, für die Behandlung oder für eine Erleichterung des Alltags und der sozialen Teilhabe. Die Kosten dafür übernehmen die gesetzlichen Krankenkassen, wenn die Hilfsmittel für einen Erfolg der Behandlung erforderlich sind, eine bestehende Behinderung kompensieren oder einer drohenden Behinderung vorbeugen. Es ist jedoch zu beachten, dass das Hilfsmittel von der Krankenkasse genehmigt werden muss, auch wenn eine ärztliche Verschreibung vorliegt. Darüber hinaus müssen die Patient*innen eine Zuzahlung leisten.4

Auch für die medikamentöse Behandlung, die von der gesetzlichen Krankenkasse übernommen wird, sind Zuzahlungen seitens der Patient*innen erforderlich. Damit die finanzielle Belastung von Menschen mit schwerwiegenden chronischen Erkrankungen nicht zu hoch wird, hat der Gesetzgeber in diesen Fällen die Zuzahlungen (für Medikamente, Hilfsmittel und stationäre Aufenthalte) für den gesamten Familienhaushalt auf 1 % des jährlichen Bruttoeinkommens begrenzt. Es ist jedoch wichtig zu wissen, dass Betroffene die Ausgaben selbst im Blick behalten und bei Erreichen der Belastungsgrenze einen Antrag auf Befreiung der Zuzahlung bei ihrer Krankenkasse stellen müssen.5 Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren sind hingegen grundsätzlich von einer Zuzahlung für Arzneimittel befreit.

Bei einer privaten Krankenversicherung sind die eingeschlossenen Leistungen und die Höhe der Selbstbeteiligung nicht einheitlich geregelt, sondern vom gewählten Tarif abhängig.

 

Wo gibt es weitere Beratung?

Benötigen Patient*innen mit Morbus Fabry weitere Beratung zu diesen und anderen sozialrechtlichen Themen, können sie sich kostenlos an die sozialrechtliche Beratungsstelle für lysosomale Speicherkrankheiten wenden. Auch in den spezialisierten Fachzentren gibt es in der Regel Ansprechpartner*innen für sozialrechtliche Themen.

Beratung und Unterstützung bei der Antragstellung oder bei Widerspruchsverfahren bietet auch der Sozialverband VdK Deutschland e. V. für seine Mitglieder an.

 Referenzen 
Referenzen:
  1. Klawisch I. ACHSE Informationsblatt, Thema: Feststellungsverfahren zum Grad der Behinderung. 2020. https://fabry-shg.org/achse-infoblatt-zum-grad-der-behinderung/, abgerufen am: 09.11.2022
  2. VdK. Fragen und Antworten rund um den Schwerbehindertenausweis. 2022. https://www.vdk.de/deutschland/pages/themen/artikel/9196/der_schwerbehindertenausweis, abgerufen am: 08.11.2022
  3. Deutsche Rentenversicherung. Erwerbsminderungsrenten. 2022. https://www.deutsche-rentenversicherung.de/DRV/DE/Rente/Allgemeine-Informationen/Rentenarten-und-Leistungen/Erwerbsminderungsrente/Erwerbsminderungsrente.html, abgerufen am: 08.11.2022
  4. Bundesgesundheitsministerium. Hilfsmittel. 2022. https://www.bundesgesundheitsministerium.de/hilfsmittel.html, abgerufen am: 08.11.2022
  5. Bundesgesundheitsministerium. Belastungsgrenze. 2016. https://www.bundesgesundheitsministerium.de/service/begriffe-von-a-z/b/belastungsgrenze.html, abgerufen am: 08.11.2022
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Die Symptome des Morbus Fabry können zu einer körperlichen und/oder seelischen Beeinträchtigung der Betroffenen führen und sich in der Folge auf den Alltag, die schulische oder berufliche Leistungsfähigkeit sowie zwischenmenschliche Beziehungen auswirken.1 Insgesamt weisen Patient*innen häufig eine eingeschränkte Lebensqualität auf.2 Neben der Behandlung der Krankheitsursache und Symptome ist daher auch eine psychosoziale Unterstützung wichtig.

 

 

Was trägt zur psychischen Belastung bei?

Da Morbus Fabry eine seltene Erkrankung ist und die Symptome auch bei anderen, häufigeren Erkrankungen auftreten, dauert es im Durchschnitt vier Jahre bei Kindern und 10,5 Jahre bei Erwachsenen, bis die richtige Diagnose gestellt wird.3 Bis dahin durchleben die Betroffenen oft eine Zeit des Leidens und der Ungewissheit. Der Erhalt der Diagnose erfordert von den Patient*innen wiederum eine Anpassung ihres Lebens an die neue Situation und eine Auseinandersetzung mit der Krankheit und den Behandlungsoptionen. Gleichzeitig stellen die körperlichen Beschwerden, darunter insbesondere Schmerzen, sowie Zukunftsängste eine Belastung für die Seele dar.1,4 Depressive Phasen sind daher bei Patient*innen mit Morbus Fabry keine Seltenheit, bis zu sechs von zehn Personen können davon betroffen sein.4,5

 

Wer hilft bei psychischen Problemen?

Unterstützung können Patient*innen auf verschiedenen Wegen erhalten.

Familie und Freund*innen

In der Regel hilft es, mit der Familie, Freund*innen oder Angehörigen offen über die Erkrankung und die damit verbundenen Belastungen zu sprechen. So können diese vertrauten Personen eine wichtige Stütze im Alltag sein.1

Andere Betroffene

Der Austausch mit anderen Betroffenen zeigt: Man ist nicht allein. Zudem können hilfreiche Erfahrungen und Tipps weitergegeben werden. Der Kontakt zu anderen Menschen mit Morbus Fabry kann z. B. über die Morbus Fabry Selbsthilfegruppe hergestellt werden.

Psychiater*innen und Psychotherapeut*innen

Patient*innen sollten nicht zögern, mit dem Behandlungsteam über psychische Beschwerden zu sprechen oder sich direkt an einen*eine Spezialist*in zu wenden. Letztere*r kann professionell u. a. zur Krankheits- und Stressbewältigung, zum Umgang mit Erschöpfungszuständen oder depressiven Verstimmungen sowie zum Umgang mit Angehörigen beraten.1 Die Kosten für eine Psychotherapie werden auf Antrag von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen, wenn in einer Sprechstunde eine psychische Erkrankung und Behandlungsbedarf festgestellt wurde.6 In vielen Fabry-Zentren ist die psychologische Beratung bereits fester Bestandteil des fachübergreifenden Behandlungsplans.

 Referenzen 
Referenzen:
  1. Morbus Fabry Selbsthilfegruppe e. V. Morbus Fabry Broschüre. https://fabry-shg.org/informationsmaterial-eigenes/, abgerufen am: 28.09.2022
  2. Gold KF, Pastores GM, Botteman MF, et al. Quality of life of patients with Fabry disease. Qual Life Res 2002;11(4):317-27
  3. Reisin R, Perrin A, García-Pavía P. Time delays in the diagnosis and treatment of Fabry disease. Int J Clin Pract 2017;71(1)
  4. Bolsover FE, Murphy E, Cipolotti L, et al. Cognitive dysfunction and depression in Fabry disease: a systematic review. J Inherit Metab Dis 2014;37(2):177-87
  5. Cole AL, Lee PJ, Hughes DA, et al. Depression in adults with Fabry disease: a common and under-diagnosed problem. J Inherit Metab Dis 2007;30(6):943-51
  6. Bundespsychotherapeutenkammer. Wege zur Psychotherapie. Wer zahlt? - Anträge und Kosten. 2022. https://www.wege-zur-psychotherapie.org/wer-zahlt-antraege-und-kosten/, abgerufen am: 10.11.2022
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Morbus Fabry ist eine seltene Erkrankung – und doch gibt es in Deutschland etwa 1.000 Personen, die diese Diagnose erhalten haben.1,2 Der Austausch mit anderen Betroffenen kann ein wichtiger Teil der psychosozialen Unterstützung für die Patient*innen sein, sowohl durch das Gefühl nicht alleine zu sein als auch durch praktische Tipps und Erfahrungen aus dem Leben mit Morbus Fabry.

Geburt der Morbus Fabry Selbsthilfegruppe

Im Jahr 2002 schlossen sich sieben Patienten und drei Patientinnen zusammen und gründeten in Frankfurt am Main die Morbus Fabry Selbsthilfegruppe (MFSH). Der eingetragene Verein ist offen für alle Betroffenen, Angehörigen, Mediziner*innen und andere Interessierte. Inzwischen zählt er mehr als 120 Mitglieder, darunter etwa 100 Patient*innen mit Morbus Fabry. Die MFSH ist zudem Mitglied der Allianz chronischer seltener Erkrankungen (ACHSE e. V.) und des Fabry International Network (FIN).3

Was leistet die Selbsthilfegruppe?

Das Ziel der MFSH ist die Förderung der Versorgung von Menschen mit Morbus Fabry und ihren Angehörigen im medizinischen und sozialen Bereich. Dies erfolgt im Wesentlichen auf den folgenden drei Ebenen:3

  • Organisation von Patient*innentreffen:
    Bei diesen nationalen oder internationalen Zusammenkünften können Betroffene untereinander und mit Angehörigen von Gesundheitsberufen in Austausch treten.
     
  • Aufklärungsarbeit:
    Durch die Organisation von Informationsveranstaltungen, die Bereitstellung von Informationsmaterial und die Teilnahme an wissenschaftlichen Tagungen leistet die MFSH wichtige Aufklärungsarbeit, sowohl bei der allgemeinen Bevölkerung als auch bei der Ärzteschaft. Denn eine größere Bekanntheit der Krankheit ist Voraussetzung für eine schnellere Diagnose und erleichtert die soziale Teilhabe der Betroffenen. Auch Patient*innen selbst haben so die Möglichkeit, sich wissenschaftlich fundiert über ihre Erkrankung zu informieren, was den Umgang mit ihrer Erkrankung erleichtern kann.
     
  • Beratung:
    Die MFSH bietet eine telefonische Beratung für Betroffene an. Zudem unterstützt sie bei Behördenangelegenheiten und sozialrechtlichen Themen und vermittelt Kontakte zu medizinischem Fachpersonal, Fachzentren und Versicherungen.

Auf der Webseite der MFSH finden Sie weitere Informationen über die Selbsthilfegruppe sowie über die Mitgliedschaft.

 Referenzen 
Referenzen:
  1. Information der führenden Experten (Key Opinion Leader). 2021. Advisory Board.
  2. IQVIA TMP Sonderstudie Morbus Fabry. 2020.
  3. Morbus Fabry Selbsthilfegruppe e. V. https://fabry-shg.org/, abgerufen am: 11.11.2022
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